Donnerstag, 20. November 2014

Mindestlohn auch für Bereitschaftszeit

Bereitschaftszeiten von Arbeitnehmern führen immer wieder zu arbeitsrechtlichen Fragen, welche beantwortet werden wollen. Diesmal entschied das Bundesarbeitsgericht darüber, wie Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu vergüten sind.

Doch zunächst die Unterschiede zwischen Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst.

Bei einer Arbeitsbereitschaft muss ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz anwesend sein und sich bereithalten, um die Arbeit sofort und ohne Fremdaufforderung aufzunehmen. Im Bereitschaftsdienst muss sich ein Arbeitnehmer, ohne dass er unmittelbar am Arbeitsplatz anwesend sein müsste, sich für Zwecke des Betriebes oder der Dienststelle an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebes aufhalten, damit er erforderlichenfalls seine volle Arbeitstätigkeit sofort oder bald aufnehmen kann (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18. Februar 2003 Az. 1 ABR 2/02).

Eine Arbeitnehmerin war bei einem privaten Pflegedienst als Pflegehelferin gegen ein Bruttomonatsentgelt von 1.685,85 Euro beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehörte u.a. die Pflege und Betreuung von zwei Schwestern einer Katholischen Schwesternschaft, die beide an Demenz leiden und an den Rollstuhl gebunden sind. Neben den eigentlichen Pflegeleistungen oblagen der Arbeitnehmerin auch Tätigkeiten im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung der Schwestern (wie z.B. Zubereiten von Frühstück und Abendessen, Wechseln und Waschen von Wäsche). Die Arbeitnehmerin arbeitete in zweiwöchigen "Rund-um-die-Uhr-Diensten", während derer sie verpflichtet war, an der Pflegestelle anwesend zu sein. Sie bewohnte in den Arbeitsphasen im Haus der Schwesternschaft ein Zimmer in unmittelbarer Nähe zu den zu betreuenden Schwestern.

Die Arbeitnehmerin vertrat nun die Auffassung, das das Mindestentgelt in der Pflegebranche von – damals – 8,50 Euro je Stunde nach § 2 Abs. 1 PflegeArbbV sei für jede Form der Arbeit zu zahlen.

Die Arbeitgeberin wandte ein, das die Arbeitnehmerin nicht 24 Stunden am Tag gearbeitet habe. Das Mindestentgelt nach der PflegeArbbV sei nicht für Bereitschaftsdienst zu zahlen. Für diesen könne arbeitsvertraglich eine geringere Vergütung vereinbart werden.

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 19. November 2014 - 5 AZR 1101/12 -) entschied, dass das Mindestentgelt nach § 2 der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) vom 15.07.2010 "je Stunde" festgelegt ist und damit anknüpft an die vergütungspflichtige Arbeitszeit. Dazu gehörten nicht nur die Vollarbeit, sondern auch die Arbeitsbereitschaft und der Bereitschaftsdienst. Während beider müsse sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten, um im Bedarfsfalle unverzüglich die Arbeit aufzunehmen. Zwar könne dafür ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit bestimmt werden. Von dieser Möglichkeit habe der Verordnungsgeber im Bereich der Pflege aber keinen Gebrauch gemacht. Deshalb seien arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die für Bereitschaftsdienst in der Pflege ein geringeres als das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV vorsehen, unwirksam.

Da auch der zum 01.01.2015 geltende Mindestlohn an eine Zeitstunde anknüpft, kann meines Erachtens aus dieser Entscheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden, dass auch in anderen Branchen Bereitschaftszeiten mindestens mit dem Mindestlohn zu vergüten sind.

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