Mittwoch, 5. Februar 2014

Wann liegt ein gerichtlicher Vergleich vor?

Ein befristet beschäftigte Arbeitnehmerin klagt gegen die letzte Befristung. Eine Gütetermin vor dem Arbeitsgericht blieb erfolglos. Im Nachgang unterbreiteten die Arbeitnehmerin dem Gericht einen Vergleichsvorschlag. Das Gericht leitete diesen als gerichtlichen Vergleichsvorschlag der Arbeitgeberin zur Annahme zu. Diese nahm ausdrücklich den gerichtlichen Vergleichsvorschlag an, der eine weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses regelte.

Nach Ablauf dieses Befristungszeitraums erhob die Arbeitnehmerin erneut Entfristungsklage. Sie vertritt die Auffassung, es habe an einem sachlichen Grund für die Befristung gefehlt. Die Voraussetzungen eines gerichtlichen Vergleichs im Sinne von § 14 I Nr. 8 TzBfG i.V.m. § 278 VI Satz 1 2. Alternative ZPO hätten nicht vorgelegen.

Eine Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 I Nr. 8 TzBfG z.B. dann vor, wenn die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht. Nach § 278 VI ZPO kann ein gerichtlicher Vergleich dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen. Das Bundesarbeitsgericht hat den "gerichtlichen Vergleich" in seiner Entscheidung vom 15.02.2012 (Az.: 7 AZR 734/10) eng ausgelegt. Ein nach § 278 VI Satz 1 Alternative 1 ZPO auf übereinstimmenden Vergleichsvorschlag der Parteien festgestellter Vergleich sei kein gerichtlicher Vergleich in diesem Sinne des TzBfG. Es fehle an einer inhaltlichen Mitwirkung des Gerichts im Sinne von § 14 TzBfG.

Das LAG Niedersachsen ist in der Entscheidung vom 05.11.2013 (1 Sa 489/13) der Rechtsprechung des BAG in vorbenannter Sache nicht gefolgt. Es hat die Entfristungsklage der Arbeitnehmerin abgewiesen.

Die Richter vertreten die Rechtsauffassung, dass die im Jahre 2004 vorgenommene gesetzliche Erweiterung in § 278 VI ZPO den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs zu vereinfachen, auch bei der Anwendung des § 14 I Nr. 8 TzBfG beachtet werden müsse.

Der Gesetzgeber habe beide Verfahren zum Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs in § 278 VI ZPO gleichbehandeln wollen und damit zugleich festgelegt, unter welchen Voraussetzungen ein gerichtlicher Vergleich i.S. von § 14 I Nr. 8 TzBfG zustande kommen kann.

Die vom BAG vorgenommenen Einschränkungen widersprechen dem Wortlaut, der Gesetzgebungsgeschichte und dem Gesetzeszweck, gerichtliche Vergleichsabschlüsse zu erleichtern. Auch bei von den Parteien unterbreiteten schriftlichen Vergleichsvorschlägen ist das Gericht gehalten, diese vor Bestätigung nicht nur auf ihre Rechtswidrig- und Sittenwidrigkeit, sondern auch auf ihre Ausgewogenheit zu prüfen und gegebenenfalls einen feststellenden Beschluss hierzu zu verweigern.

Das LAG hat die Revision zum BAG zugelassen.

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