Dienstag, 3. September 2013

Ich hätte doch ins Ausland gewollt! ... zumindest überlegt

Ein Unternehmen der Textilindustrie mit Sitz in Nordrhein-Westfalen unterhält seit geraumer Zeit in der Tschechischen Republik eine Betriebsstätte, in der sie Verbandsstoffe herstellt. Die "Endfertigung" der Stoffe erfolgte in einem am Sitz des Unternehmens in Deutschland gelegenen Betrieb. In diesem war eine Arbeitnehmerin seit 1984 als Textilarbeiterin tätig.

Im Juni 2011 beschloss das Unternehmen , die gesamte Produktion in der tschechischen Betriebsstätte zu konzentrieren. In Deutschland sollte lediglich die Verwaltung nebst "kaufmännischem Bereich" bestehen bleiben. Mit Blick hierauf erklärte das Unternehmen gegenüber den an ihrem Sitz beschäftigten Produktionsmitarbeitern eine ordentliche Beendigungskündigung.

Eine Arbeitnehmerin vertrat die Auffassung, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Das Unternehmen habe ihr - vor Ausspruch der Beendigungskündigung - durch eine Änderungskündigung die Möglichkeit geben müssen, über einen Umzug zumindest nachzudenken.

Die von ihr erhobene Kündigungsschutzklage blieb – wie in den Vorinstanzen – vor dem BAG erfolglos. Die aus § 1 Abs. 2 KSchG folgende Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung – ggf. im Wege der Änderungskündigung – eine Weiterbeschäftigung zu geänderten, möglicherweise auch zu erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen anzubieten, bezieht sich grundsätzlich nicht auf freie Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb des Arbeitgebers.

Der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes sei gemäß § 23 KSchG nur auf Betriebe anzuwenden, die in der Bundesrepublik Deutschland liegen. In diesem Sinne müsse auch der Betriebsbegriff in § 1 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 KSchG verstanden werden. Ob dies der Berücksichtigung von Beschäftigungsmöglichkeiten im Ausland entgegensteht, falls der Arbeitgeber seinen Betrieb als Ganzen oder einen Betriebsteil unter Wahrung der Identität verlagert, war nicht zu entscheiden.
Aufgrund der Verlagerung der "Endfertigung" in die – mehrere hundert Kilometer von ihrem Sitz entfernte – tschechische Betriebsstätte hatte das Unternehmen im vorliegenden Fall keine Möglichkeit mehr, die Arbeitmehmerin in einem inländischen Betrieb weiterzubeschäftigen. Umstände, unter denen ausnahmsweise eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu erwägen wäre, Arbeitnehmer im Ausland weiterzubeschäftigen, lagen nicht vor.

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