Freitag, 30. August 2013

Die Qual der Wahl für einen Arbeitnehmer nach der Kündigung

In vielen Arbeitsverträgen finden sich Regelungen zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Hiernach darf - wenn wirksam vereinbart - der Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum in einem bestimmten Gebiet nicht für die Konkurrenz des bisherigen Arbeitgebers tätig werden oder gar selbst in Konnkurenz zum Arbeitgeber treten. Weil dies eine Einschränkung der Berufsfreiheit für den Arbeitnehmer ist, erhält dieser bei Einhaltung des Wettverbotes eine Karenzentschädigung vom Ex-Arbeitgeber.

Klingt alles logisch. Komplizierter wird es, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zwar im - vom Arbeitgeber gestellten und vorgedruckten - Arbeitsvertrag steht, aber dennoch unverbindlich ist. Warum eine Klausel unverbindlich sein kann, stellen wir hier nicht dar. Vielmehr stellt sich die Frage, wie ein Arbeitnehmer hierauf reagieren soll?

Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses darauf verzichten, dem Ex-Arbeitgeber Konkurrenz zu machen, und dafür eine Entschädigung kassieren oder doch lieber einen neuen Arbeitsplatz (besser vergütet) bei einem Wettbewerber annehmen und dafür auf die Karenzzahlung verzichten?

Und es stellt sich die Frage, bis wann die Entscheidung gefallen sein muss und es der alte Arbeitgeber erfaren muss. Zumindest hierauf hat das LAG Hamm (Urt. v. 14.02.2012, Az. 14 Sa 1385/12) - nunmehr rechtskräftig - entschieden, dass es reicht, wenn ein Arbeitnehmer sich an das Wettbewerbsverbot hält, auch wenn er dies dem Arbeitgeber nicht zeitnah mitteilte.

Damit  kann ein Arbeitnehmer bei unverbindlicher Klausel sich für jeden Arbeitsplatz (auch bei der Konkurrenz) bewerben und je nach Ausgang der Bewerbungsgespräche entscheiden, ob er das Wettbewerbsverbot einhalten oder doch lieber die Entschädigung kassieren will.
Der Arbeitnehmer kann grundsätzlich noch nach längerer Zeit vom Arbeitgeber die Karenzentschädigung verlangen, wenn er sich nur tatsächlich an das Wettbewerbsverbot gehalten hat.
Arbeitgebern ist daher zu empfehlen, die ehemaligen Mitarbeiter zeitnah aufzufordern, sich über die Einhaltung des Wettbewerbsverbots zu erklären.

Donnerstag, 29. August 2013

Jugendsünden

Seit Mai 2013 läuft die Ausbildung zum Polizisten. Im Juli 2013 erfahren die Vorgesetzten, dass der junge Beamte vor seiner Einstellung Kontakte zur Drogenszene hatte. Er wird damit konfrontiert und gestand  die Einnahme von Cannabis vor Antritt der Ausbildung. Darauf erfolgte das Verbot der Führung von Dienstgeschäften nebst Sofortvollzug. der betroffene Anwärter war nicht damit einverstanden, erhob Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz bis zu einer endgültigen Entscheidung, um weiterhin die Ausbildung zum Kommissar durchlaufen zu können.

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat den Antrag abgelehnt.

Ein Drogenkonsum eines Beamten stehe generell nicht im Einklang mit den für den Polizeiberuf geforderten persönlichen Eigenschaften. Bereits in der Ausbildung und erst recht im späteren Berufsleben werde ein Polizist auch zur Verfolgung von Drogendelikten eingesetzt.

Deshalb sei die Suspendierung vom Dienst verhältnismäßig, auch wenn sich der Antragsteller noch in der Ausbildung befinde.

Hinzu komme, dass Polizeibeamte während ihrer Ausbildung auch Kenntnisse über Interna (z.B. polizeitaktisches Wissen) erhielten, die nicht in falsche Hände gelangen dürften. Könnte der Anwärter seine Ausbildung beenden und erweise sich später endgültig seine Ungeeignetheit für den Polizeiberuf, bestehe die Gefahr einer unzulässigen Weitergabe dieser Informationen. Von daher würden dienstliche Interessen beeinträchtigt, falls der Anwärter bis zu einer endgültigen Entscheidung über seine Entlassung einstweilen im Dienst verbleibe.


Manch Jugendsünde bleibt nicht ungesühnt.

Donnerstag, 22. August 2013

Unfallschutz bei Verwandtenhilfe?

Ein 38-jähriger Mann aus Kassel war seit dem 1995 als Gebäudereiniger tätig. Als er für seine Schwester die Außenfassade des Hauses reinigte und das in die Mauerfugen eingewachsene Efeu beseitigte, stürzte er aus 3 m Höhe von der Leiter und ist seitdem schwerverletzt.

Er beantragte bei der Unfallkasse Entschädigungsleistungen. Diese lehnte jedoch mit der Begründung ab, dass es sich um eine unentgeltliche Gefälligkeitsleistung unter Verwandten gehandelt habe, die nicht gesetzlich unfallversichert sei.

Darauf hin erhob der Mann Klage zum Sozialgericht. Mit Aussicht auf Erfolg?

Hier geht es zur Antwort.

Dienstag, 20. August 2013

Wenn Tassen in der Toilette des Rathauses gespült werden - keine Lüge und dennoch gekündigt

Die Sachsen sind schon ein lustiges Völkchen, was auch zu feiern versteht. Besonders Weihnachten sind die heimeligen Weihnachtsmärkte besonders beliebt und hier vdie Glühweinstände.

Doch nicht Jede/r gönnt der/m Anderen einen ungebtrübten Genuss von Glühwein.

Eine Mitarbeiterin im Rathaus, welche bereits in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen mit der Kommune verwickelt war, sandte an Stadtratsmitglieder eine Nachricht, welche folgenden Inhalt aufwies:

"Geschmackssache
Sollte Ihnen der Glühwein auf dem städt. Weihnachtsmarkt besonders gut gemundet haben, liegt es vielleicht daran, dass die Glühweintassen in der Behindertentoilette des Rathauses gespült worden sind…."


Wer greift da schon noch gerne zu. Nachdem auch die Lokalpresse hierüber berichtete, sah sich die Kommune veranlasst, eine fristlose Kündigung auszusprechen. Warum? Nun ja, mit einer unvollständigen Aussage sorgte die Mitarbeiterin für einen Imageschaden, denn die Glühweintassen wurden in einer Großküchengeschirrspülmaschine gereinigt, welche in einem abgetrennten Vorraum der Behindertentoilette des Rathauses stand.

Die Aussage war also nicht falsch, aber sie war unvollständig und geeignet, das Image des Weihnachtsmarktes zu schädigen.

Das Sächsische LAG hat festgestellt, dass die fristlise Kündigung deshalb rechtmäßig ist.

Freitag, 2. August 2013

Das Feld der (Schein-)Werkverträge wird beackert

Bereits am 30.07.2013 berichteten wir über eine Entscheidung des LArbG Hamm zu einem - nur vermeintlichen - Werkvertrag. Nun hat auch das LArbG Stuttgart entschieden im Falle von IT-Spezialisten im Einsatz für den Daimler-Konzern.

Die zwei Kläger haben mit einem IT-Systemhaus Verträge als freie Mitarbeiter. Dieses IT-Systemhaus ist ein Subunternehmen eines führenden Dienstleisters für Informationstechnologie, der die Kläger im Rahmen eines Werkvertrages mit der Daimler AG ausschließlich bei der Daimler AG eingesetzt hat (sehen Sie noch durch?).

Beide arbeiteten aufgrund solcher Verträge von 2001 bis Ende 2011 als IT-Fachkräfte bei der Daimler AG, zuletzt am Standort Stuttgart-Möhringen für den IT-Support in der Abteilung Treasury (Finanzabteilung). Dort betreuten sie die EDV und waren insbesondere für die Funktionsfähigkeit der Computerarbeitsplätze zuständig.

Die IT-Fachkräfte verlangen die Feststellung, dass Arbeitsverträge mit der Daimler AG bestehen. Sie seien in deren Betrieb eingegliedert und deren Weisungen unterworfen gewesen. Die Daimler AG bestreitet dies. Die Beauftragung der IT-Fachkräfte sei vielmehr im Rahmen eines Ticketsystems erfolgt, in dem Beschäftigte der Daimler AG EDV-spezifische Aufträge erteilt hätten.

Das Arbeitsgericht hatte die Klagen noch abgewiesen. Mit ihrer Berufung haben die IT-Fachkräfte jedoch Erfolg.

Das Berufungsgericht ist der Überzeugung, dass der Fremdpersonaleinsatz der IT-Fachleute im Wege der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung und nicht im Rahmen eines Werkvertrages erfolgt ist. Bei der rechtlichen Unterscheidung zwischen Werk-/Dienstvertrag und Arbeitnehmerüberlassung komme es vor allem darauf an, ob die Arbeitnehmer in den Betrieb des Dritten (hier: Daimler AG) eingegliedert gewesen seien und vom Dritten arbeitsvertragliche Weisungen erhalten haben. Wenn dies der Fall sei, sei von Arbeitnehmerüberlassung auszugehen.

Dabei komme es nicht auf die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem vermeintlichen Werkunternehmer (hier: IT-Dienstleister) und dem Dritten an, wenn die Vertragsverhältnisse tatsächlich so nicht gelebt worden seien.

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze seien die IT-Fachkräfte, die jahrelang in den Betriebsräumen mit Betriebsmitteln der Daimler AG für diese tätig gewesen sind, bei der Daimler AG eingegliedert gewesen. Sie haben auch von der Daimler AG viele arbeitsvertragliche Weisungen erhalten. Das zwischen dem vermeintlichen Werkunternehmen und Daimler vereinbarte Ticketsystem (IT-Aufträge von Daimler-Arbeitnehmern werden nach Eröffnung eines Tickets vom Werkunternehmer bearbeitet) sei in vielen Fällen so nicht gelebt worden. Vielmehr seien die IT-Fachleute von vielen Daimler-Mitarbeitern aus der Abteilung Treasury direkt beauftragt worden. Dabei handele es sich nicht um untypische Einzelfälle, sondern um beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend geübten Vertragspraxis. Nach einer wertenden Gesamtbetrachtung sei deshalb von einem Scheinwerkvertrag auszugehen.

Aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG sei deshalb ein Arbeitsverhältnis zu Stande gekommen.