Mittwoch, 17. Juli 2013

Dornröschen ist doch tödlich

Das Märchen von Dornröschen ist bekannt. Nach einem Stich fällt sie in einen Schlaf und erst der Kuss eines Prinzen erweckt sie zum neuen Leben. Im "wahren Leben" geht es (manchmal) anders zu.

Ein verheirateter Mann hatte bei einem Versicherungsunternehmen unter anderem eine Versicherung für den Fall des Unfalltodes mit einer garantierten Leistung von 15.000 Euro abgeschlossen. Die Ehefrau ist Bezugsberechtigte der Versicherung.

Der Mann verletzte sich beim Schneiden von Rosenstöcken im September 2010 am linken Mittelfinger durch einen Rosendorn. Wegen dieser Verletzung wurde er zunächst stationär behandelt, da eine Infektion mit Staphylococcus aureus festgestellt worden war. Aufgrund dieser Infektion musste der linke Mittelfinger teilweise amputiert werden. Nach einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes verstarb der Mann im April 2011 wegen einer Sepsis bei Staphylococcus aureus-Bakteriämie.

Die verwitwete Ehefrau begehrte nun Auszahlung der Leistung für den Todesfall von der Unfallversicherung. Die Versicherung lehnte dies ab. die Klage der Witwe ist vom LG Karlsruhe zurückgewiesen worden, weil sie nicht bewiesen habe, dass ihr Ehemann eine Verletzung erlitten habe, die über eine geringe Hautverletzung im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen hinausgegangen sei. Es könne offen bleiben, ob es sich überhaupt um einen Unfall gehandelt habe.

Die Berufung hatte vor dem OLG Karlsruhe (12 U 12/13) Erfolg:
Nach Auffassung des Oberlandesgericht liegt ein Unfall vor. Klassische Fälle für das Merkmal "von außen auf den Körper wirkend" seien Zusammenstöße des Körpers mit Sachen, Tieren oder anderen Personen, ein solcher Zusammenstoß mit einer Sache liege auch bei einem Stich mit einem Rosendorn vor. Der Unfallbegriff sei zwar nicht erfüllt, wenn die Eigenbewegung und die Kollision gewollt gewesen seien und dabei lediglich eine ungewollte Gesundheitsbeschädigung eingetreten sei. Hier gebe es aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte bewusst in einen Rosendorn gefasst haben könnte. Unstreitig habe sich der Versicherte an einem Rosendorn infiziert und sei aufgrund der Infektion verstorben.

Die Leistung ist auch nicht aufgrund einer Infektionsklausel ausgeschlossen. Nach dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen sei der Versicherungsschutz nur dann ausgeschlossen, wenn die Krankheitserreger lediglich durch eine "Haut- oder Schleimhautverletzung", die als solche geringfügig sei, in den Körper gelangt seien. Bei einer Verletzung an einem Rosendorn sei es aber nicht gesichert, dass lediglich Haut- oder Schleimhautschichten durchstochen worden seien. Möglich sei auch, dass der Rosendorn tieferliegendes Gewebe erfasst habe. Dass dies hier nicht geschehen sei, hätte die beklagte Versicherung beweisen müssen. Ein Beweisantritt sei aber trotz der Beweislast der Versicherung für das Vorliegen von Leistungsausschlüssen nicht erfolgt.

Das Urteil ist rechtskräftig.

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