Freitag, 21. September 2012

weniger Arbeit, weniger Lohn?

In vielen Arbeitsverträgen finden sich Bestimmungen einer Wochenarbeitszeit und eines monatlichen Festlohnes. In vielen Branchen schwankt die Auftragslage je nach Saison. Mehrstunden in einem Monat werden mit Minderstunden aus einem anderen Monat verrechnet. Doch was passiert, wenn keine vertragliche Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto besteht?

Der Fall:
Ein Arbeitgeber erstellt einen Jahresdienstplan, der unter Berücksichtigung der im Verlauf des Jahres unterschiedlichen Nachfrage bzw. des unterschiedlichen Angebots ihrer Dienstleistungen geringere Arbeitszeiten in den Wintermonaten und erhöhte Arbeitszeiten in den Sommermonaten vorsieht. Die Dienstpläne für den betreffenden Monat werden jeweils einen Monat im Voraus erstellt. In den Kalendermonaten Januar, Februar, März und April sieht der Dienstplan vor, dass der betreffende Mitarbeiter an manchen Tagen acht Stunden und an manchen Tagen überhaupt nicht arbeitet. Es werden sog. Minusstunden verbucht, wenn in den betreffenden Monaten weniger als die regelmäßige Arbeitszeit gearbeitet wird. Während der Hochsaison in den Monaten Mai bis September werden die Arbeitnehmer so eingesetzt, dass auch mit den in den verbleibenden Monaten Oktober bis Dezember zu verbuchenden Minusstunden, die sich aufgrund der wetter-/temperaturbedingten Nachfragesituation ergeben, eine gleichmäßige Arbeitsbelastung während eines Kalenderjahres entsteht. Für jeden Monat des Kalenderjahres wird die Vergütung in gleicher und vereinbarter Höhe bezahlt. Diese betriebliche Regelung war der Arbeitnehmerin bekannt.

Nach dem Ausscheiden zum 15. Mai 2010 erhielt die Arbeitnehmerin Abrechnungen für die Monate April und Mai 2010, wonach der Arbeitgeber von der Arbeitsvergütung 1.372,75 € brutto für 118,75 Minusstunden einbehielt, die sich auf dem Arbeitszeitkonto der Arbeitnehmerin aufgrund ihrer dienstplanmäßigen Arbeitseinteilung ergeben hatten. Hiergegen wandte sich die Arbeitnehmerin und klagte.

Die Entscheidung
Das LArbG Mainz entschied, dass der Arbeitgeber zu dem vorgenommenen Lohneinbehalt im Wege einer Verrechnung von 118,75 Minusstunden nicht berechtigt war. Liegt die Verantwortung für die Arbeitszuweisung und -einteilung allein beim Arbeitgeber, gerät dieser nach § 296 Satz 1 BGB in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen nicht im Umfang der vereinbarten Arbeitszeit einsetzen kann, ohne dass es eines Angebots der Arbeitsleistung bedarf. Kommt der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Arbeitnehmer nach § 615 Satz 1 BGB für die infolge des Annahmeverzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Nach dem Arbeitsvertrag war die Arbeitnehmerin nicht zur Nachleistung der aus betrieblichen Gründen ausgefallenen Arbeitszeiten verpflichtet.

Einer Verrechnung steht zudem entgegen, dass der Arbeitgeber nicht nachweisen konnte, dass eine entsrechende Möglichkeit der Verrechnung vertraglich vereinbart wurde.

TIPP:
Arbeitgeber sollten Ihre Verträge prüfen und gegebenenfalls anpasssen. Arbeitnehmer sollten etwaige Verütungseinbehalte auf Rechtswirksamkeit prüfen lassen.

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