Dienstag, 21. Februar 2012

Urlaub nach gewonnenem Kündigungsschutzverfahren

Ein Kündigungsschutzverfahren kann sich über einen langen Zeitraum erstrecken. Es kommt oft vor, dass die Kündigungsfrist bereits abgelaufen war, bis ein Gericht rechtskräftig feststellt, dass die Kündigung unwirksam war und das Arbeitsverhältnis fortbestand. Was passiert dann mit dem Urlaub? Was, wenn Urlaub bei einem zwischenzeitlich anderem Arbeitsverhältnis gewährt wurde? Ist letzterer anzurechnen?

der Fall
Eine Fachexpertin für Fotogrammetrie mit einem arbeitsvertraglich vereinbarten Urlaubsanspruch von 29 Arbeitstage erhält mit Schreiben vom 25. Januar 2007 zum 31. März 2007 eine Kündigung verbunden mit dem Angebot auf Änderung des Arbeitsvertrags (Änderungskündigung). Die Arbeitnehmerin nahm das Änderungsangebot (auch) nicht (unter Vorbehalt) an. Im Kündigungsschutzverfahren wurde durch das Landesarbeitsgericht (im Berufungsverfahren) die Unwirksamkeit der Kündigung durch rechtskräftiges Urteil festgestellt.

Mit Schreiben vom 6. November 2008 beantragte die Arbeitnehmerin bei ihrem Arbeitgeber erfolglos Urlaub für die Zeit vom 14. November 2008 bis 30. Dezember 2008 - entsprechend 29 Arbeitstagen.

Bereits während des Kündigungsschutzverfahrens war die Arbeitnehmerin im Jahr 2008 bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt und erhielt dort ausweislich einer Urlaubsbescheinigung 21 Tage Urlaub für 2008.

Nun begehrte sie mittels Klage die Gewährung von 29 Tagen Urlaub für 2008 bzw. Schadensersatz.

das Urteil
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gab der Arbeitnehmerin Recht. Der Arbeitgeber erreichte die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht und obsiegte dort.

Die Richter des Bundesarbeitsgerichtes gehen nach der Pressemitteilung 15/2012 davon aus, dass ein Anspruch auf Urlaub nach § 6 Abs. 1 BUrlG nicht besteht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. In einem Fall eines Doppelarbeitsverhältnisses - was durch das laufende Kündigungsschutzverfahren möglich ist (s.o.) - kommt es darauf an, ob ein Arbeitnehmer seine Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen gleichzeitig erfüllen könnte. Ist dies nicht der Fall - z.B. wegen Einhaltung der Regelungen des Arbeitszeitgesetzes - und hat der Arbeitgeber, mit dem während des Kündigungsrechtsstreits ein Arbeitsverhältnis eingegangen wurde, ihm für ein laufendes Kalenderjahr Urlaub gewährt, hat der Arbeitnehmer im Umfang des ihm erteilten Urlaubs grundsätzlich keinen weiteren Urlaubsanspruch für dieses Jahr.

Einem doppelten Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers steht entgegen, dass dieser im Falle eines Obsiegens im Kündigungsrechtsstreit grundsätzlich so zu stellen ist, als hätte keine tatsächliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses stattgefunden. Zwar handelt es sich beim Urlaub nicht um Entgelt für geleistete Dienste, sodass die Anrechnungsvorschriften § 11 Nr. 1 KSchG und § 615 Satz 2 BGB keine unmittelbare Anwendung finden. Wegen der Gleichheit der Interessenlage ist jedoch eine analoge Anwendung dieser Bestimmungen geboten.

der Tipp
Während und nach Beendigung eines Kündigungsschutzverfahrens sollte geprüft werden, ob der Arbeitnehmer ein anderes Arbeitsverhältnis eingegangen ist. Wird dies bejaht, kommt es darauf an, ob diese neue Tätigkeit neben (!) dem eigentlichen Arbeitsverhältnis zulässig ausübbar war. Dies ist regelmäßig nur bei Teilzeitarbeitsverträgen denkbar. Nach Beantwortung dieser Frage sind auch die Antworten auf oben benannte Fragen nachvollziehbar. Gern hilft auch ein Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen