Freitag, 30. September 2011

Gesprächsbedarf in Bundeswehr

Wenn das Führen von Privatgesprächen über dienstlich bereitgestellte Mobiltelefone untersagt ist und dennoch solche Anrufe getätigt werden, kann dass für die Betroffenen schmerzliche Auswirkungen haben.

Daran ändert sich auch nichts, wenn leichtfertig auf Auskunft eines Mitarbeiters vertraut wird, dass im Rahmen einer vereinbarten Flatrate keine Zusatzkosten entstünden und die Betroffene die Kosten nachträglich erstattet.

Trotz sehr guter Leistungen im Dienst kann wegen einem solchen Fehlverhalten die Übernahme als Berufssoldatin versagt werden, wie das VG Koblenz (PM 40/2011) entschied.

Donnerstag, 29. September 2011

Ausbildungskosten erstatten ohne Karriereaussicht?

Wenn ein Arbeitnehmer eine Weiterbildung erfahren auf Kosten des Arbeitgebers erfahren soll, welche ihn beruflich zu "Höherem" führen können "sollte", regelt der Arbeitgeber meist - auch auf anwaltliche Empfehlung - unter welchen Bedingungen der Arbeitnehmer die Ausbildungskosten zurückzahlen soll.

Eine solche Klausel kann wie folgt aussehen:

"1. Die von der Firma übernommenen Kosten der Fortbildung in Höhe von derzeit ca. ... Euro hat der Mitarbeiter zurückzuzahlen, sofern er das Fortbildungsverhältnis vor dessen Ende selbst ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes abbricht oder wenn es seitens der Firma aus einem wichtigen Grund gekündigt wird.

2. Der Mitarbeiter ist ebenfalls zur Rückzahlung der vollen Fortbildungskosten in Höhe von ca. ... Euro verpflichtet, sofern er nach Beendigung des Fortbildungsverhältnisses ein Angebot der Firma auf Abschluss eines Arbeitsvertrages nicht annimmt. Eine Rückzahlungsverpflichtung besteht nicht, sofern die Firma nicht mindestens eine Tätigkeit als Verkäufer mit einer monatlichen Arbeitszeit von mindestens 120 Stunden im Bereich der Bundesrepublik Deutschland und einer regelmäßigen Vergütung von mindestens 10,55 EUR/Std. brutto anbietet.

3. Kommt zwischen den Parteien im Anschluss an dieses Fortbildungsverhältnis ein Arbeitsvertrag zustande und scheidet der Mitarbeiter vor Ablauf von ... Monaten durch eigene Kündigung oder durch eine auf einen wichtigen Grund gestützte Kündigung der Firma aus dem Arbeitsverhältnis aus, ist er ebenfalls zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet. Die Rückzahlungsforderung verringert sich für jeden vollen Monat der Beschäftigung nach Abschluss des Arbeitsvertrages um 1/18 der angefallenen Fortbildungskosten.

4. Die Verpflichtung zur Rückzahlung der Fortbildungskosten setzt voraus, dass das Fortbildungsverhältnis nicht zum Ablauf der dreimonatigen Erprobungsphase beendet wird, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus fortgesetzt wird.

5. Die Fortbildungskosten setzen sich aus folgenden Positionen zusammen:
"


Über eine solche Klausel hatte das LAG Hamm (7 Sa 1615/10) zu entscheiden. Was war geschehen:

Eine Arbeitnehmerin hat nach Ausbildungsende und dreimonatiger Erfüllung des Arbeitsvertrages gekündigt und der Arbeitgeber verlangte 15/18 der Ausbildungsvergütung zurück. Die Kündigung der Arbeitnehmerin begründete sich darin, dass ihr kein ausbildungsadäquater Arbeitsplatz angeboten wurde.

Der Arbeitgeber scheiterte mit seinem Begehren. In den Urteilsgründen des LAG Hamm heißt es hierzu:

"Mit der in Ziff. X Nr. 2 der Fortbildungsvereinbarung vorgesehenen Rückzahlungsklausel will die Beklagte die Klägerin auch für den Fall an sich binden, dass sie ihr keine ausbildungsadäquate Beschäftigung anbieten kann. Dies führt zu einer unangemessenen Benachteiligung der Klägerin, weil es nicht zulässig ist, an jedes Ausscheiden des Arbeitnehmers eine Rückzahlungspflicht zu knüpfen. Eine Rückzahlungsklausel ist vielmehr nur dann ausgewogen, wenn es der Arbeitnehmer in der Hand hat, der Rückzahlungspflicht durch eigene Betriebstreue zu entgehen. Der Arbeitgeber trägt das unternehmerische Risiko für sein betriebliches Handeln und damit auch die Kosten für Investitionen, die nachträglich wertlos werden. Müsste der betriebstreue Arbeitnehmer Kosten der Aus- und Fortbildung auch dann tragen, wenn der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich in der Sphäre des Arbeitgebers liegt, würde er unzulässig mit den Kosten solcher fehlgeschlagener Investition des Arbeitgebers belastet. Eine derart formulierte Klausel würde nicht die wechselseitig anzuerkennenden Interessen der Vertragspartner berücksichtigen, sondern einseitig diejenigen des Arbeitgebers in den Vordergrund stellen (vgl. BAG, 11.04.2006, 9 AZR 610/05, NZA 2006, 2134; 24.06.2004, 6 AZR 383/03, BAGE 111, 157). Sie wäre unwirksam.

Aus den gleichen Gründen ist eine Klausel unwirksam, die den Arbeitnehmer auch dann zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet, wenn der Arbeitgeber außerstande ist, dem Arbeitnehmer eine seiner Ausbildung entsprechenden Tätigkeit zuzuweisen (BAG, 18.11.2008, 3 AZR 192/07, NZA 2009 435; 05.12.2002, 6 AZR 537/00, AP Nr 11 zu § 5 BBiG). Auch dann stellt sich die Investition des Arbeitgebers in die Qualifizierung seines Arbeitnehmers als vergeblich dar. Die Kosten einer solchen Investition zu tragen, fällt in den Bereich seines unternehmerischen Risikos. Erfolgt eine ausbildungsadäquate Beschäftigung des Arbeitnehmers im Anschluss an die Aus- und Fortbildung nicht, würde der Arbeitnehmer durch die Bindung an einen Arbeitgeber, der für seine neu erworbenen Kenntnisse keinen Bedarf hat, seinen durch die Ausbildung erworbenen Marktwert mindern, wenn nicht gar durch Zeitablauf verlieren. Ein Festhalten am Arbeitsverhältnis zur Vermeidung der Rückzahlungspflicht ist in einer solchen Situation nicht mehr durch berechtigte Interessen des Arbeitgebers gedeckt (BAG, 05.12.2002, 6 AZR 537/00, AP Nr 11 zu § 5 BBiG). Eine entsprechende Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist daher nach § 307 Abs.1 S. 1 BGB unwirksam."


Fazit: Arbeitgeber sollten sich von kompetenten Fachanwälten beraten lassen, um solche "Schiffbrüche" zu vermeiden.

Geld für Leiharbeiter - neues aus Berlin zur CGZP-Problematik

In einer Vielzahl von Entscheidungen zu Ansprüchen von Leiharbeitern gegen Leiharbeitsfirmen wird sich immer wieder mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 14.12.2010 und deren zeitlichen Wirkung auseinandergesetzt. Zudem wird auch regelmäßig zu prüfen sein, ob im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlußfristen zum Verfall von Ansprüchen führten.

In einer aktuellen Entscheidung des LAG Berlin - Brandenburg (Urteil vom 20. September 2011 – 7 Sa 1318/11) kamen die Richter zu der Feststellung, dass der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 auch für die Zeit vor der Verkündung dieses Beschlusses gelte - mithin für die Vergangenheit (anders noch LAG Chemnitz).

Die einzelvertraglich vereinbarte dreimonatige Ausschlussfrist beginnt erst mit der Verkündung des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts und sei deshalb von der Klägerin gewahrt worden.

Dienstag, 27. September 2011

erneuter Rückschlag für CGZP - unwirksame Bezugnahme auf mehrgliedrige Tarifverträge

Seit 15.03.2010 wurde in vielen vorformulierten Arbeitsverträgen für Leiharbeiter eine Verweisungsklausel auf geschlossene Tarifverträge mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit (CGZP) und Personal-Service-Agenturen (PSA) und anderen Christlichen Gewerkschaften aufgenommen.

Nach rechtskräftiger Entscheidung des ArbG Lübeck (die Berufung wurde von der Arbeitgeberin zurückgenommen)vom 15.03.2011 unter dem Az.: 3 Ca 3147/10 sind solche Verweisungsklauseln auf den mehrgliedrigen Tarifvertrag nicht transparent. Einem Leih-Arbeitnehmer wird nicht klar, welcher der Tarifverträge nun gelten soll.

Damit kommen die Tarifverträge nicht zur Anwendung mit der Folge, dass das Gesetz gilt mit dem Anspruch auf gleiche Bedingungen (z.B. Kündigungsfristen) und Entlohnung wie die festangestellten vergleichbaren Arbeitnehmer im Entleihbetrieb.

Leiharbeiter mit aktuellen Arbeitsverträgen sollten somit prüfen lassen, ob auch für sie Ansprüche zu ihren Gunsten bestehen.

Montag, 26. September 2011

Auch GKH ist nicht tariffähig

Die Christlichen Gewerkschaft für Kunststoffgewerbe und Holzverarbeitung (GKH) mit knapp 1.700 Mitgliedern und einem monatlichem Budget von ca. 21.000 € kann keine wirksamen Tarifverträge abschließen. Dies stellte - nachdem das Verfahren bereits einmal beim Bundesarbeitsgericht anhängig war - das Landesarbeitsgericht Hamm fest (23.9.2011, 10 TaBV 14/11).

Der Gewerkschaft fehle es an sozialer Macht, um faire Tarifverträge zu erzielen. Die Gewerkschaft, die dem Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB) angehört, erreiche einen Organisationsgrad von nur 0,6 Prozent im Kunststoffgewerbe und in der Holzverarbeitung. In den Branchen sind rund 190.000 Menschen beschäftigt. Wegen der geringen finanziellen Ausstattung und Mitgliederzahl besteht keine Tariffähigkeit.

Damit steht fest, dass durch die GKH abgeschlossene Tarifverträge (mehr als 60) unwirksam sind.

Führen will gelernt sein

Gute Führungskräfte zeichnen sich aus durch ... ja, was eigentlich? Einen kleinen Einblick in die Fähigkeiten und Aufgaben einer Führungskraft hinsichtlich Mitarbeiterführung gewährt der informative Fragebogen mit geforderter Selbstbeteiligung auf den Seiten des Internetauftritts der Wochenzeitschrift Zeit.

Freitag, 23. September 2011

Mailkontrolle durch Arbeitgeber zulässig?

Viele Arbeitgeber haben Arbeitsplätze eingerichtet, an denen Arbeitnehmer moderne Kommunikationsmittel nutzen. Statt der Post werden dann und wann auch elektronische Textnachrichten (Mail) zwischen Arbeitnehmer und Geschäftspartnern ausgetauscht. Es soll sogar Arbeitgeber geben, welche die private Nutzung zulassen oder zumindest dulden. Dann stellt sich die Frage, ob Arbeitgeber zu Kontroll- und Prüfzwecken auf die für Arbeitnehmer gestellten Kommunikationsmittel zugreifen dürfen?

In einem kurzen und lesenswerten Artikel auf lto.de geht der Kollege Tim Wybitul dieser Frage nach und verweist auf Entscheidungen des LAG Niedersachsen vom 31. Mai 2010 (Az. 12 Sa 78/09)und des LAG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 16.02.1011, Az. 4 Sa 2132/10).

Wenn Lehrer sich mit Schülern schlagen ...

... und es sich dabei auch noch um Schülerinnen handelt, kann es heftig hergehen.

Unstreitig kam es zu einem Schlag des Lehrers in das Gesicht einer 15-jährigen Schülerin. Die Mutter der Schülerin zeigte ihn wegen Körperverletzung an. Der Lehrer selbst erhielt zudem die fristlose und später eine ordentliche Kündigung.

Über die fristlose Kündigung hatte nun das LAG Halle zu entscheiden - fast 1 1/2 Jahre nach Zugang der Kündigung.

Der Lehrer meinte in seiner Kündigungsschutzklage, dass die Schülerin ihn nach vorherigen Beschimpfungen auf seine erkrankte Schulter geschlagen habe, so dass seine Handlung sich als Abwehrreflex dargestellt habe. Der Arbeitgeber meinte hingegen, dass eine Lösung von Disziplinproblemen durch Handgreiflichkeiten bei Pädagogen ausgeschlossen sein müssen.

Es wurden 11 Zeugen angehört. Am Ende gab es die Feststellung, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist - laut Meldung der LVZ. Nun streiten die Parteien noch über die ordentliche Kündigung.

Donnerstag, 22. September 2011

Der Feiertag und das Bundesarbeitsgericht

Eine Beschwerde auf Revisionszulassung ist an Fristen gebunden (§ 72 a ArbGG). Es besteht zudem der Grundsatz, dass gesetzliche Feiertage den Fristablauf nach hinten verschieben können (§ 193 BGB). Doch es gibt auch bei diesen einfachen Regeln noch Stolperfallen.

Der Beschwerdeführer legte die Beschwerde einen Tag nach Fronleichnam beim Bundesarbeitsgericht ein. Fronleichnam war in Nordrhein-Westfalen ein gesetzlicher Feiertag - nicht jedoch in Thüringen, in dem das Bundesarbeitsgericht sitzt. Das war das Verhängnis für den Beschwerdeführer, seine Beschwerde war verfristet (BAG Beschluss vom 24.8.2011, 8 AZN 808/11)

Ein Schlag ins Gesicht

War es ein Volltreffer, den ein Arbeitnehmer eines Automobilzulieferers einem anderen Mitarbeiter bewusst versetzte, oder doch nur eine unglückliche Abwehrbewegung? In jedem Fall war das der Anlass einer fristlosen Kündigung - der der Betriebsrat nicht zugestimmt hat.

Der gekündigte Arbeitnehmer wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage. Vor dem Gericht wurde der Zeuge - der andere, verletzte Mitarbeiter - angehört und konnte mit seinen Schilderungen das Arbeitsgericht - nach Bericht der Plattform insuedthuehringen.de davon überzeugen, dass er den Arbeitnehmer nur gefragt habe, was los sei. Daraufhin sei dieser vom Schlepper gestiegen und mit der Faust auf ihn losgegangen.

Das Arbeitsgericht bestätigte die fristlose Kündigung.

Dienstag, 20. September 2011

Urlaubsabgeltungsansprüche nicht vererbar - oder doch?

Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden kann.

In den letzten Jahren tat sich viel in der Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung, insbesondere bei lange Zeit arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmern. Wird das dahinter stehende Schicksal weiterbedacht, liegt die Frage nahe, was bei Tod des Arbeitnehmers mit den Urlaubsabgeltungsansprüchen geschieht.

So auch der Fall, den das Bundesarbeitsgericht (PM 72/11) zu entscheiden hatte.

Ein Arbeitnehmer war seit 2001 als Kraftfahrer beschäftigt. Seit April 2008 bis zu seinem Tod war er durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Urlaub konnte ihm 2008 und 2009 nicht gewährt werden. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete mit dem Tod. Witwe und Sohn waren Erben des Arbeitmehmers. Die Witwe verlangte vom Arbeitgeber die Abgeltung des in 2008 und 2009 nicht gewährten Urlaubs.

Das Bundesarbeitsgericht gab der Witwe - anders als das LAG Hamm - nicht Recht und meinte, dass mit dem Tod des Arbeitnehmers der Urlaubsanspruch erlischt. Er wandele sich nicht nach § 7 Abs. 4 BUrlG in einen Abgeltungsanspruch um.

Das LAG Hamm als Vorinstanz sah das unter europarechtlichen Gesichtspunkten noch anders und meinte, dass ein Urlaubsabgeltungsanspruch eine Geldleistung ohne strikte Zweckbindung darstellt, so dass es auf die Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung in natura bei Tod nicht ankommen dürfte. Ebenso handelt es sich bei einem Urlaubsabgeltungsanspruch nicht um einen „höchstpersönlichen” Anspruch, welche nicht verebbar sei. Darüber hinaus gab das LAG Hamm (Urteil vom 22. April 2010 - 16 Sa 1502/09) zu Bedenken, dass bei vollendetem Rechtserwerb des Erblassers – wäre er z. B. einen Tag nach (aus anderen Gründen) beendeten Arbeitsverhältnis verstorben – der noch nicht erfüllte Urlaubsabgeltungsanspruch ohne Bedenken Bestandteil der Erbmasse wäre.

Hat das LAG Hamm die Kehrtwende in der Rechtsprechung falsch verstanden? Ob die Sache wieder vom EUGH geklärt wird? - wir werden sehen.

Montag, 19. September 2011

(k)eine Klagewelle - Anwendbarkeit der Mindestnettolohntabelle im TV ATZ fraglich

Das von uns erstrittene Urteil des Arbeitsgerichtes Chemnitz vom 16.03.2011 (6 Ca 2195/10) ist noch nicht rechtskräftig. Das Berufungsverfahren ist vor dem Sächsischen LAG unter dem Az.: 5 Sa 505/11 anhängig.

Auch andere Gerichte trafen bereits Entscheidungen zur Anwendbarkeit der Mindestnettolohntabelle während der Altersteilzeit nach dem TV ATZ, da die Differenz zu Ungunsten der Arbeitnehmer zwischen 83 % und den Beträgen der unveränderten Mindestnettolohntabelle manchmal erheblich ist.

Einen Anspruch auf den Differenzlohn verneint hat das LAG Berlin-Brandenburg unter dem Az.: 2 Sa 2596/10), während das gleiche Gericht (aber eine andere Kammer) den Anspruch zuerkannt hat (Az.: 18 Sa 2719/10). Beide Verfahren sind nicht rechtskräftig entschieden, da jeweils Revisionen zum BAG anhängig sind (Az.: 9 AZR 452/11 und 9 AZR 431/11).

Selbst die Gewerkschaften verweisen auf die Problematik, wollen jedoch keine Klagewelle auslösen - ob dies gelingt? Richtig ist jedoch die Feststellung, dass alle Betroffenen ihre Ansprüche geltend machen sollten, damit diese nicht verfallen.

geschickte und ungeschickte Anwälte

Das auch Rechtsanwälten Fehler unterlaufen, welche von Kolleginnen ausgenutzt werden, zeigt eine Entscheidung des OLG Karlsruhe. Laut Pressemitteilung des Gerichts vom 16.09.2011 war Ausgangspunkt die Suche eines mittelständischen Unternehmens nach einem Geschäftsführer.

Den mit dem Bewerbungsverfahren beauftragten Anwälten unterlief in der Stellenanzeige ein Fehler - es folgte keine geschlechtsneutrale Ausschreibung. Eine Anwältin bewarb sich erfolglos. Danach begehrte sie eine Entschädigung.

Aufgrund der Stellenanzeige bestand das Indiz einer unzulässigen Benachteiligung, weshalb das OLG Karlsruhe mit Entscheidung vom 13.09.2011 (17 U 99/10) der Anwältin eine Entschädigung von 13.000 € - einem Monatsgehalt einer Geschäftsführerin - zusprach.

Donnerstag, 15. September 2011

Wann endet die Ausbildung

Endet ein Ausbildungsverhältis immer mit dem Abschluß der Prüfungen? Typische Juristenantwort: "Es kommt auf den Einzelfall an". Konkret heißt dass, es kommt auf den Inhalt des Ausbildungsvertrages an.

Ein kurzer Artikel des Kollegen Ulf Weigelt auf den Webseiten der ZEIT beschäftigt sich mit dem Ende eines Ausbildungsverhältnisses und einem Urteil des BAG vom 13.3.2007 (9 AZR 494/06). In dem dort entschiedenen Sachverhalt endete das Ausbildungsverhältnis bereits vor den Prüfungen. Deshalb ist sein Tipp am Ende des Artikels goldrichtig.

Energiebeihilfe als betriebliche Altersvorsorge insolvenzgeschützt

Bei der sog. Energiebeihilfe (Ersatz für früher gewährte Deputatkohle) und dem Zuschuss zum sog. Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlebergbaus handelt
es sich - entgegen einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Köln (4 Sa 888/08) um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die insolvenzgesichert
sind. Dies ergibt sich aus der Mitteilung zum Revisionsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht (3 AZR 664/09), in dem ein Anerkenntnisurteil erging.

Mittwoch, 14. September 2011

Kommt demnächst ein neues Urlaubsrecht im Baugewerbe?

In Deutschland richtet sich ein Urlaubsanspruch nach den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG). Aufgrund den Bestimmungen in § 13 BUrlG bestehen für bestimmte Branchen Möglichkeiten, von den gesetzlichen Bestimmungen mittels Tarifvertrag abzuweichen, so auch im Baugewerbe. Der zugehörige Tarifvertrag wird regelmäßig BRTV-Bau genannt.

Nach dessen Regelungen kann es zu geringen Urlaubsansprüchen oder gar dessen Wegfall kommen, u.a. wenn Arbeitnehmer langzeiterkrankt sind. Einen solchen Fall hatte das LAG Berlin-Brandenburg zu entscheiden. Sie erkannten, dass diese Tarifregelungen zum Urlaub europarechtswidrig sein könnten und legten deshalb dem EUGH 4 Fragen vor:

1. Stehen Artikel 31 Grundrechtecharta und Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 04. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung einer nationalen Regelung wie in § 13 Abs. 2 BUrlG entgegen, nach der in bestimmten Branchen die Dauer des jährlichen Mindesturlaubs von vier Wochen durch Tarifvertrag verringert werden kann?

2. Stehen Artikel 31 Grundrechtecharta und Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 04. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung einer nationalen tariflichen Regelung wie derjenigen im Bundesrahmentarifvertrag Bau entgegen, nach der ein Urlaubsanspruch in solchen Jahren nicht entsteht, in denen wegen Krankheit eine bestimmte Bruttolohnsumme nicht erzielt wird?

3. Falls die Fragen zu 1. und 2. bejaht werden:

Ist eine Regelung wie in § 13 Abs. 2 BUrlG dann unanwendbar?

4. Falls die Fragen zu 1. bis 3. bejaht werden:

Besteht im Hinblick auf die Wirksamkeit der Regelung des § 13 Abs. 2 BUrlG und den Regelungen des Bundesrahmentarifvertrages Bau ein Vertrauensschutz, wenn Zeiträume vor dem 01. Dezember 2009, dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages und der Grundrechtecharta betroffen sind? Ist den Tarifvertragsparteien des Bundesrahmentarifvertrages Bau eine Frist einzuräumen, innerhalb derer sie selbst eine andere Regelung vereinbaren können?

Nun ist abzuwarten, wie der EUGH diese Fragen beantwortet. Betroffene sollten handeln und zur Wahrung ihrer Rechte tätig werden - gegebenenfalls nach Rücksprache mit einem Anwalt.

Eine Tendenz kann u.E. aus den Schlußanträgen der Generalanwältin Verica Trstenjak
vom 8. September 2011 (1)
in einem anderen Verfahren vermutet werden, da darin ausgeführt wird, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht von einer im nationalen Recht bestimmten Mindestarbeitszeit von zehn Tagen abhängig gemacht werden kann. Unabhängig vom Willen des beteiligten Arbeitnehmers bestehende Arbeitszeitversäumnisse, wie etwa Krankheiten, seien demnach als Dienstzeit anzurechnen.

Kündigung wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung

Nach einer Entscheidung des LAG Köln (Az. 12 Sa 936/10) kann eine Kündigung eines Arbeitnehmers trotz vorsätzlicher Sachbeschädigung unwirksam sein.

Das LAG Köln meint, dass innerhalb eines langjährigen Arbeitsverhältnisses ohne Beanstandung hinsichtlich einer vorsätzlichen Sachbeschädigung eine Abmahnung erforderlich sein kann.

Zudem ist eine nachträgliche Entschuldigung des Arbeitnehmers und dessen Angebot zur Schadenswiedergutmachung im Rahmen einer Anhörung der Mitarbeitervertretung mitzuteilen, andernfalls die Anhörung fehlerhaft ist.

"beratungsresistentes Kameradenschwein" kündigt fristlos

Harte Worte fand ein bei den Stadtwerken Bad Wörishofen beschäftigter Arbeitnehmer über den Geschäftsführer und seinen Vorgesetzten in seinen Briefen an den Bürgermeister, in denen er sich darüber beschwerte, dass seine Verbesserungsvorschläge nicht die Beachtung erhielten, die er ihnen zudachte.

Während der Geschäftsführer als "beratungsresistentes Kameradenschwein" und der Vorgesetzte als "unfähiger Stümper" benant wurden, sammelte der Bürgermeister diese Schreiben und legte diese gesammelt den Stadtwerken vor. Diese kündigten daraufhin fristlos das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer.

Über das Verfahren berichtet die Augsburger Allgemeine. Unzutreffend ist aus juristischer Sicht, dass der Arbeitnehmer der Kündigung widersprach, er hat vielmehr Kündigungsschutzklage erhoben.

Im Kammertermin einigten sich die Parteien dann auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses - auf Basis einer ordentlichen Kündigung.

Dienstag, 13. September 2011

In jedem Alter ein Flugzeug fliegen

Der EuGH hat entschieden, dass ein tarifvertragliches Verbot bei der Deutschen Lufthansa AG für Verkehrspiloten, über das vollendete 60. Lebensjahr hinaus ihrer Tätigkeit nachzugehen, eine Diskriminierung wegen des Alters darstellt und unwirksam ist. - EuGH vom 13.09.2011, Az.: C-447/09 -

Das Argument der Flugsicherheit gehört nicht zu den in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 genannten Zielen, welche eine Ungleichbehamndlung rechtfertigen könnten, zumal in nationalen und internationalen Regelungen dieses Alter auf 65 Jahre festgelegt ist.

Tagelöhner auf dem Hamburger Hafengelände

Auf dem Hamburger Hafengelände hat die Gesamthafenbetriebs-Gesellschaft m.b.H (GBH) nicht nur Arbeitnehmer und Leiharbeiter eingesetzt, sondern auch sogenannte "unständig Beschäftigte". Dabei handelt es sich nach WIKIPEDIA um Arbeitnehmer, die nicht ständig bei demselben Arbeitgeber beschäftigt sind und in keinem festen Arbeitsverhältnis stehen. Angela Dietz bezeichnet auf den Seiten der TAZ die "unständig Beschäftigten" als Tagelöhner.

Nach dem Artikel soll nun die Problematik darin bestehen, dass einige "unständig Beschäftigte" bereits seit Jahren für die GHB tätig seien, was natürlich nicht geht. Einige klagten vor dem Arbeitsgericht. Nachdem ein Urteil (25 Ca 66/10) erstritten, einigten sich andere gütlich mit dem Arbeitgeber. So wurden aus "unständig Beschäftigten" "ständig Beschäftigte"

Montag, 12. September 2011

Keine gesetzliche Unfallversicherung bei geringfügigen Hilfeleistungen

Eine Frau half im Rahmen eines Sonntagsausflugs spontan vier Bekannten beim Viehtrieb. Diese trieben fünf Kühe mit Kälbern über die Straße auf eine gegenüberliegende Weide. Dabei wurde die Frau von einem Motorrad erfasst und erlitt mehrere Knochenbrüche.

Sie beantragte bei der Berufsgenossenschaft die Anerkennung als Arbeitsunfall. Dies lehnte die Berufsgenossenschaft jedoch ab, weil die Verletzte keine dem landwirtschaftlichen Unternehmen wesentlich dienende Tätigkeit erbracht habe.

Das LSG Darmstadt (Az: L 3 U 134/09) hat der Berufsgenossenschaft Recht gegeben.

Zwar könnten auch unentgeltliche Tätigkeiten arbeitnehmerähnlich sein. Es müsse sich jedoch um eine Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handeln. Nach ihren eigenen Angaben wollte die Klägerin ihren langjährig Bekannten etwa fünf Minuten beim Viehtrieb helfen. Dies sei im Sinne einer üblichen, geringfügigen und alltäglichen Gefälligkeit ein geradezu selbstverständlicher Hilfsdienst gewesen. Ähnlich sei dies einem Botengang über die Straße zur Übermittlung einer Nachricht an den Nachbarn oder der Einweisung eines Nachbarn in die Garage. All dies seien jedoch unversicherte Hilfeleistungen, die mit einer aus einem Arbeitsverhältnis geschuldeten Tätigkeit nicht vergleichbar seien.

Freitag, 9. September 2011

warum trotz Sündenfall eine Kündigung unwirksam sein kann

Ein Chefarzt in einem Krankenhaus in katholischer Trägerschaft hatte sich nicht nur im Jahre 2000 arbeitsvertraglich der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse unterworfen, sondern trotz Scheidung von seiner ersten Ehefrau seit 2006 mit seiner neuen Lebensgefährtin zusammengewohnt und diese 2008 standesamtlich geehelicht. Die Eingehung einer zweiten Ehe nach Scheidung stellte für den Arbeitgeber einen schweren Verstoß gegen die arbeitsvertraglich übernommenen Loyalitätspflichten dar, weshalb eine Kündigung folgte.

Auf die Kündigungsschutzklage hin bestätigten die Gerichte - auch das Bundesarbeitsgericht (PM 69/11) -, dass tatsächlich ein Verstoß gegen die Loyalitätsverpflichtung besteht. Dennoch war die Kündigung unwirksam, weshalb?

1. Ungleichbehandlung - der Arbeitgeber hat nicht gegenüber allen vergleichbaren Arbeitnehmern auf die Durchsetzung der Pflichten nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse bestanden (Beschäftigung nichtkatholischer und wiederverheirateter Chefärzte, duldung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften)

2. Loyalität und Gewissenskonflikt im - unter besonderen Schutz stehenden - innersten Bezirk des Privatlebens

3. Grundrecht auf Familie und Ehe (Art. 6 GG)

Fazit: Es ist und bleibt immer wieder eine Einzelfallentscheidung, ob Kündigungen kirchlicher Arbeitgeber un-/wirksam sind

Donnerstag, 8. September 2011

keine fristlose Kündigung trotz eigenmächtigen Urlaubsantritts

Da ist einiges schief gelaufen im Unternehmen, denn nach der Pressemitteilung des ArbG Krefeldes war die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung eines schwerbebehinderten Arbeitnehmers wegen dessen - unstreitig eigenmächtigen Urlaubsantritts - arg bedenklich vor dem Hintergrund, dass dem Arbeitnehmer der beantragte und ihm zustehende Urlaub nicht gewährt wurde und dies erst am letzten Tag vor vermeintlichem Verfall des Urlaubsanspruches mitgeteilt wurde.

Fazit: Arbeitgeber sollten darauf achten, dass sie sich rechtstreu verhalten, weil es sonst zu unliebsamen Ergebnissen kommen kann, trotz - auf dem ersten Blick eindeutiger - Sachverhalte

Übersicht zu § 90 II a SGB IX Kündigungsschutz Schwerbehinderter

Einen guten Einstieg zur Prüfung der Frage, ob ein besonderer Kündigungsschutz Schwerbehinderter besteht, bietet die tabellarische Übersicht auf den Seiten für die Schwerbehindertenvertretung.

CGZP - neues aus Sachsen

Die Leiharbeiter, welche Ansprüche auf gleichwertige Vergütung für rückwirkende Zeiten verfolgen, weil die CGZP-Tarifverträge vom Bundesarbeitsgericht zum 14.12.2010 für nichtig erklärt wurden, müssen weiterhin Geduld haben.

Nuch schließt sich auch das Sächsische LAG der Auffassung an, dass für die Geltendmachung von Lohnansprüchen aus früheren Zeiten (vor dem 14.12.2010) der rechtskräftige Ausgang der Gerichtsverfahren (derzeit liegt ein Urteil des ArbG Berlin vor) für die früheren Zeiträume abzuwarten ist und laufende Verfahren deshalb auf Antrag auszusetzen sind.

Die Entscheidungsgründe finden sich hier - Sächsisches LAG vom 05.09.2011, 4 Ta 162/11 (5)

Bemerkenswert ist, dass das Sächsische LAG den Ausgang dieser Verfahren zur Nichtigkeit früherer Tarifverträge der CGZP "voraussieht", dennoch die Aussetzung befürwortet.

Werkvertrag als Alternative zur Zeitarbeit

Der Zeitarbeit weht zur Zeit ein rauher Wind um die Nase.

Das bemerkt nicht nur Prof. Dr. Arnd Diringer in einem Artikel auf LTO, in welchem er die bekannte Ausweichalternative Werkvertrag aufzeigt und sich mit dieser auseinandersetzt, nebst Vorteilen und Stolperfallen und nicht ohne Hinweis, dass diese Gestaltungen regelmäßig zum Nachteil von Arbeitnehmern erfolgen.

Mittwoch, 7. September 2011

Weiterbildung mit Umfrage zum Allgemeinwissen

Im Rahmen einer Online-Weiterbildung (gerade Pause) wird zur Prüfung der Anwesenheit am Anfang eine Frage gestellt und deren Antwort vorgesagt. Im späteren Verlauf, wird die Frage wiederholt und dann sollen die Teilnehmer die richtige Antwort geben. Die Frage des Tages heute lautet:

Wer war römischer Kaiser und Papst? Trajan, Vespasian oder Hadrian

(PS: Schade nur, dass durch die Nachfrage im Chat und Antwort das eigentliche Ziel nun doch umgangen werden könnte)

Montag, 5. September 2011

ein lügender Anwalt oder alles nur Auslegung

Im Rahmen einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen über Massenkündigungen erklärte - laut Pressemitteilung des Weser - Kurier - der Prozeßvertreter des Arbeitgebers nach eidesstattlicher Versicherung eines Arbeitnehmervertreters:

"Ich kann hier ohne Rücksprache mit den Gesellschaftern der Antragsgegnerin erklären, dass bis Mittwoch, den 25.11.2009, 12 Uhr, keine Kündigungen ausgesprochen werden, wenn ein Vergleich abgeschlossen wird."

Nun wurden in der Nacht zum 25.11.2009 doch Kündigungen in die Briefkästen von 198 Arbeitnehmern geworfen. Hat der Prozeßvertreter des Arbeitgebers gelogen oder war seine Aussage interpretierbar? Auf eine Strafanzeige wegen Abgabe einer falschen Versicherung an Eides Statt hin, stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren ein. "Der Beschuldigte ist bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten", heißt es im Schreiben der Staatsanwaltschaft. Und: "Das Verschulden ist als gering anzusehen."

Nun rollt wohl ein Verfahren vor der zuständigen Rechtsanwaltskammer.

Freitag, 2. September 2011

Betriebsratsanhörung bei Kündigung

Nach § 102 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Zur Entgegennahme von Mitteilungen über die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers ist nach § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG der Vorsitzende des Betriebsrats oder im Falle seiner Verhinderung sein Stellvertreter berechtigt.

Eine Ladenkette mit 47 Modefachgeschäften will im Rahmen eines Insolvenzverfahren einen Teil ihrer Filialen schließen, u.a. auch die Leipziger Filiale. Dementsprechend waren die dort beschäftigten Arbeitnehmer zu kündigen und der Betriebsrat anzuhören.

Da viele Filialen betroffen waren, lud der Gesamtbetriebsrat zu einer Versammlung ein und wies in der Einladung darauf hin, dass ein Interessen- und Sozialplan nebst Namensliste erstellt werden sollte und im Termin auch die Anhörungsschreiben zu den geplanten Kündigungen übergeben werden sollten. Der Betriebsratsvorsitzende der Leipziger Filiale war nicht vor Ort, lediglich dessen Stellvertreterin. Dieser wurde die Kündigung übergeben.

Gegen die später ausgesprochene Kündigung erhob eine Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage und verwies u.a. auf eine - ihrer Ansicht nach - fehlerhafte Anhörung des Betriebsrates, da die Anhörung nicht dem Betriebsratsvorsitzenden übergeben wurde.

Der Klage war jedoch kein Erfolg beschieden: Zuletzt meinte auch das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 7. Juli 2011 - 6 AZR 248/10), dass der Vorsitzende des Betriebsrats der Filiale Leipzig mangels Teilnahme an der Betriebsräteversammlung tatsächlich verhindert war, das Anhörungsschreiben zur Kündigung entgegenzunehmen. Deshalb war zu Recht seine Stellvertreterin zur Entgegennahme berechtigt.

Donnerstag, 1. September 2011

Welcher Tarif in der PKV wird vom Jobcenter bezahlt?

Privat krankenversicherte Sozialhilfeempfänger wurden bislang vom Jobcenter und Sozialgerichten auf die Zumutbarkeit einer Absicherung im Basistarif verwiesen.

Auf http://sozialrecht-chemnitz.blogspot.com/ wird auf eine Entscheidung des Bayerischen Landessozialgericht (30.08.2011, Az.: L 8 SO 26/11 - PM 14/2011) hingewiesen, wonach kein Zwang zum Abschluss eines solchen Basistarifs besteht.

einmal hin, einmal her, rundherum, das ist nicht schwer

Ein Wechselspiel der Gefühle mussste ein Arbeitnehmer hinnehem. Erst erstreitet er in einer Kündigungsschutzklage eine Abfindung. Da diese nicht fristgerecht bezahlt wird, holt er sich Teile davon durch einen Gerichtsvollzieher im Rahmen der Zwangsvollstreckung.

Doch dann kommt der Insolvenzverwalter, denn über den Arbeitgeber war zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet wurden, und verlangte die Abfindung zurück. Da der Arbeitnehmer nicht zahlte, erhob der Insolvenzverwalter Klage. Am Ende entschied das BAG (19.5.2011, 6 AZR 736/09) - zu Gunsten des Insolvenzverwalters.