Dienstag, 30. November 2010

Pünklichkeit ist eine Tugend, besonders um 16.00 Uhr

... und ganz besonders gilt dies für Strassenbahnfahrer.

Das LAG Hamm (13 TaBV 54/10) musste über die (Un-)Wirksamkeit einer Betriebsratswahl der Vestischen Strassenbahnen GmbH entscheiden, weil Wahlvorschläge - nach einigem Hickhack - nicht (funkuhrgenau) punkt 16.00 Uhr beim Wahlvorstand abgegeben wurden.

Damit bestand seitdem kein Betriebsrat.

Also liebe Betriebsratskandidaten und Gewerkschaften und Strassenbahnerinnen und Strassenbahner, Pünktlichkeit ist eine Tugend, auch für Euch und auch um 16.00 Uhr!;)

Montag, 29. November 2010

Betrug mit Tankkarten

Das OLG Celle hat eine Anklageschrift gegen Arbeitnehmner (Kraftfahrer) zugelassen, welche eine vom Arbeitgeber gestellte Tankkarte vertragswidrig nutzten, um fremde LKW zu betanken und von deren Fahrern das Benzingeld in die eigene Tasche einzustecken.

Das Landgericht Hildesheim hatte dies zuvor nicht als Betrug zu Lasten des Arbeitgebers gewertet, da keine besondere Vermögenstreupflicht bestanden hätte.

Das sieht auch das OLG Celle ähnlich, sieht den Betrug darin, dass sodann die tankbelege dem Arbeitgeber vorgelegt wurden ohne dem Hinweis, dass damit andere LKW betankt wurden.

Freitag, 26. November 2010

Sockenreinigung von Steuer absetzen?

Sockenreinigung von Steuer absetzen geht doch nicht, oder?

Es ist anerkannt, dass Berufskleidung, welche typisch für eine Berufsgruppe oder Berufsausübung ist (z.B. Uniformen) auch ab und zu gereinigt werden muss. Auch in Berufen mit besonderen Hygieneranforderungen möchte niemend den "Fleck" von der letzten Tätigkeit oder Operation sehen. Reinigungskosten können jedoch als Werbungskosten von der Steuer abgesetzt werden. Doch das gilt nicht für alle Kleidungsstücke.

Eine Hauswirtschafterin in einer kirchlichen Einrichtung musste helle, kochfeste Kleidung, bestehend aus mindestens Kopfbedeckung, T-Shirt, Hose, Socken, Kittel und vorbinder tragen und auf eigene Kosten reinigen. Die Kosten für die Reinigungen in eigender Waschmaschiene bezifferte die Hauswirtschafterin a la "schwäbische Hausfrau" auf 469 € im Jahr 2007 und machte dies in der Steuererklärung geltend.

Das Finanzamt rechnete jedoch nur 226 € an, denn es erkannte nur die Reinigung von Kopfbedeckung, T-Shirt, Kittel und Vorbinder an. Hose und Socken wurden nicht anerkannt.

Auf die Klage vor dem Finanzgericht hin, wurde die Hauswirtschafterin "belehrt" (FG Rheinland Pfalz, PM v. 25.11.2010), dass es sich bei Hose und Socken nicht um typische Arbeitsbekleidung handele und auch ein aufgesticktes Arbeitgeberlogo nicht dazu führt, dass diese Kleidungsstücke Alltagskleidung darstellen. Dies gilt auch, weil diese Sachen in "normalen" Geschäften erworben wurden.

ERGO: Hosen und Socken müssen teilweise selbst bezahlt und auf eigene Kosten gereinigt werden. Eine Absetzung von der Steuer ist nicht in allen Fällen möglich.

Donnerstag, 25. November 2010

Das ist doch selbstverständlich, oder? Überstunden werden vergütet oder in Freizeit ausgeglichen.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber kennen den Grundsatz, dass Überstunden vergütet oder durch Freizeitgewährung ausgelichen werden.

Doch oftmals sind Arbeitgeber findig und vereinbaren regelmäßige umfangreiche Arbeitszeiten (z.B. unter Berücksichtigung von Bereitschaftsdiensten etc.) und umgehen hierdurch den Anfall von Überstunden.

Einen solchen Fall hat nun der EUGH (Az.:C‑429/09) entschieden. Ein Feuerwehrmann musste wöchentlich 54 Stunden arbeiten. Die Höchstarbeitszeit in einer Woche ist jedoch 48 Stunden. Der Feuerwehrmann verlangte die Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit und Abgeltung der bereits erfolgten Überstunden (die Arbeitszeit in der Vergangenheit, welche über 48 h/wöchentlich hinaus gingen) in Zahlung oder Freizeitgewährung.

Das angerufene Verwaltungsgericht in Halle legte das Verfahren dem EUGH vor. Der EUGH gab ihm Recht und erkannte im schönsten "Juristensprech":

"1. Ein Arbeitnehmer, der, wie im Ausgangsverfahren Herr Fuß, als Feuerwehrmann in einem zum öffentlichen Sektor gehörenden Einsatzdienst beschäftigt ist und als solcher eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit abgeleistet hat, die die in Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vorgesehene wöchentliche Höchstarbeitszeit überschreitet, kann sich auf das Unionsrecht berufen, um die Haftung der Behörden des betreffenden Mitgliedstaats auszulösen und Ersatz des Schadens zu erlangen, der ihm durch den Verstoß gegen diese Bestimmung entstanden ist.

2. Das Unionsrecht steht einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegen,

– die – was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist – den Anspruch eines im öffentlichen Sektor beschäftigten Arbeitnehmers auf Ersatz des Schadens, der ihm durch den Verstoß der Behörden des betreffenden Mitgliedstaats gegen eine Vorschrift des Unionsrechts, im vorliegenden Fall Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88, entstanden ist, von einer an den Verschuldensbegriff geknüpften Voraussetzung abhängig macht, die über die der hinreichend qualifizierten Verletzung des Unionsrechts hinausgeht, und

– die den Anspruch eines im öffentlichen Sektor beschäftigten Arbeitnehmers auf Ersatz des Schadens, der ihm durch den Verstoß der Behörden des betreffenden Mitgliedstaats gegen Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88 entstanden ist, davon abhängig macht, dass zuvor ein Antrag auf Einhaltung dieser Bestimmung bei seinem Arbeitgeber gestellt wurde.

3. Der von den Behörden der Mitgliedstaaten zu leistende Ersatz des Schadens, den sie Einzelnen durch Verstöße gegen das Unionsrecht zugefügt haben, muss dem erlittenen Schaden angemessen sein. In Ermangelung von Unionsvorschriften auf diesem Gebiet ist es Sache des nationalen Rechts des betreffenden Mitgliedstaats, unter Beachtung des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes zu bestimmen, ob der Ersatz des Schadens, der einem Arbeitnehmer wie im Ausgangsverfahren Herrn Fuß durch den Verstoß gegen eine Vorschrift des Unionsrechts entstanden ist, diesem Arbeitnehmer in Form von Freizeitausgleich oder in Form einer finanziellen Entschädigung zu gewähren ist, und die Regeln für die Art und Weise der Berechnung der Anspruchshöhe festzulegen. Die in den Art. 16 bis 19 der Richtlinie 2003/88 vorgesehenen Bezugszeiträume sind in diesem Zusammenhang nicht relevant.

4. Die Antworten auf die Fragen des vorlegenden Gerichts sind identisch, unabhängig davon, ob der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens unter die Bestimmungen der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in der durch die Richtlinie 2000/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 2000 geänderten Fassung oder die der Richtlinie 2003/88 fällt."

Donnerstag, 18. November 2010

Patientenessen vernascht - nun Kündigung

Ein Krankenpfleger hat - so behauptete es der Arbeitgeber - etwas von einer übrig gebliebenen Pizza und einer Gulaschportion von Patienten gegessen. Dafür erhielt er die fristlose Kündigung.

Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers war erfolgreich vor dem LAG Schleswig Holstein.

Wieder soll der EUGH es richten - Kettenbefristungen

Erneut legt das Bundesarbeitsgericht (Pressemeldung 88/10) dem EUGH eine klärungsbedürftige Frage zu Kettenbefristungen vor.

Auf eine ähnliche Vorlage haben wir bereits schon einmal verwiesen, nämlich zu Befristungen wegen Haushaltsmitteln (28.10.2010) und Kettenbefristungen (Vorlage durch LAG Köln vom 31.05.2010).

Welcher Tarifvertrag gilt nach Betriebsübergang?

Das Bundesarbeitsgericht (Pressemeldung 87/10) hat wieder einmal über die alte Frage entschieden, welcher Tarifvertrag nach einem Betriebsübergang gelten soll. Grundlage war eine kleine dynamischer Verweisungsklausel (es wird auf die Tarifverträge einer Branche verwiesen) und ein interessanter Sachverhalt.

Eine Gebäudereinigerin berief sich nach einem Betriebsübergang auf den ihr günstigen Tarifvertrag, auf den im Arbeitsvertrag verwiesen wurde. Der hingegen allgemein verbindliche Gebäudereiniger-Tarifvertrag wurde verdrängt nach dem Günstigkeitsprinzip (es gilt die für den Arbeitnehmer günstigste Regelung).

Juristisch drückt es das BAG in der Pressemitteilung so aus:
"Im Fall eines Betriebsübergangs geht eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB mit unverändert rechtsbegründender Bedeutung über. Davon zu trennen ist § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach die individualrechtliche Weitergeltung kollektivrechtlicher Normen angeordnet ist, einschließlich der darauf bezogenen Ablösungsregelung in dessen 1 Satz 3 BGB. Diese setzt die normative Geltung der Tarifnormen im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB voraus. Wenn die Tarifregelungen für das Arbeitsverhältnis vor Betriebsübergang kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung galten, ist für eine Berücksichtigung von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB kein Raum, weder direkt, noch analog oder im Wege der Auslegung."

Einsicht in Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Wen interessiert schon nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Personalakte bei dem früheren Arbeitgeber?

Im Rahmen einer Zeugnisauseinandersetzung kann es schon interessant werden, nämlich dann, wenn um Formulierungen gestritten wird und der Arbeitgeber behauptet, dass Anhaltspunkte für eine Illoyalität bestanden hätten. So steht es zumindest in einem Sachverhalt zu vermuten, den das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden hatte (Pressemitteilung 84/10).

Hiernach war ein Arbeitnehmer in einem Versicherungsunternehmen vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2007 als Schadensbüroleiter beschäftigt. Nach Vertragsende teilte dem Arbeitnehmer eine Personalbearbeiterin im Rahmen einer Zeugnisauseinandersetzung mit, dass Gründe vorhanden seien, die auf seine mangelnde Loyalität schließen ließen. Der Arbeitnehmer verlangte daraufhin Einsicht in seine Personalakte. Die Beklagte verweigert dies mit Hinweis auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Erst vor dem Bundesarbeitsgericht war der Arbeitmehmer mit seiner Klage erfolgreich. Nach der Entscheidung hat der Arbeitgeber Einsicht in seine Personalakte zu gewähren. Der Arbeitnehmer hat - auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses - ein berechtigtes Interesse daran, den Inhalt seiner fortgeführten Personalakte auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. (Der Anspruch folgt allerdings nicht aus § 34 BDSG. Die dort geregelten Ansprüche auf Auskunft und Einsicht gelten noch nicht für nur in Papierform dokumentierte personenbezogene Daten. Zurzeit befindet sich ein entsprechendes Änderungsgesetz in der parlamentarischen Beratung.)

Damit sollte folgender Grundsatz künftig beachtet werden: Der Arbeitgeber hat im Rahmen seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Hierzu zählt auch das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers resultierende Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Montag, 15. November 2010

Vollzeit arbeiten und trotzdem weniger Geld?

Darf einem langsam arbeitender Mensch trotz Vollzeittätigkeit die vergütung gekürzt werden. Das OVG Niedersachsen bejaht diese Frage.

Ein Studienrat an einer Berufsbildenden Schule leidet dauerhaft an einer Augenerkrankung und ist nach amtsärztlichen Stellungnahmen nur noch in der Lage, statt der für ihn vorgesehenen 24,5 Unterrichtsstunden insgesamt 19,5 Unterrichtstunden wöchentlich zu erteilen.

Nach den amtsärztlichen Stellungnahmen benötigt der Kläger aufgrund der verlangsamten Lesegeschwindigkeit mehr Vor- und Nachbereitungszeiten für seinen Unterricht und kommt deshalb bei der reduzierten Unterrichtsstundenzahl von 19,5 Wochenstunden im Ergebnis auf die gleiche Wochenarbeitszeit wie eine vollzeitbeschäftigte Lehrkraft.

Die Landesschulbehörde hat daraufhin eine begrenzte Dienstfähigkeit festgestellt, einhergehend mit einer entsprechende Reduzierung der Dienstbezüge.

Hiergegen wandte sich der Studienrat mit der Auffassung, uneingeschränkt dienstfähig zu sein, weil er wie ein vollzeitbeschäftigter Lehrer 40 Wochenstunden arbeite. Er habe deshalb einen Anspruch auf Reduzierung seiner Unterrichtsverpflichtung unter Beibehaltung der Vollzeittätigkeit und der damit verbundenen Gewährung der vollen Höhe der Dienstbezüge.

Nach Auffassung des OVG kommt es für die Frage der Dienstfähigkeit eines Lehrers nicht auf die für niedersächsische Beamte geltende Arbeitszeit von 40 Wochenstunden an, sondern auf die in der Arbeitszeitverordnung für Lehrkräfte festgelegte Unterrichtsstundenzahl. Die Arbeitszeit von Lehrern ist nur hinsichtlich der Unterrichtsstunden messbar. In der Erfüllung ihrer übrigen dienstlichen Aufgaben sind Lehrer dagegen zeitlich nicht gebunden. Der Verordnungsgeber ist bei der Festlegung der Regelstundel von 24,5 Wochenstunden davon ausgegangen, dass ein vollzeitbeschäftigter Studienrat für diese Unterrichtstunden zusammen mit der Vor- und Nachbereitungszeit und mit übrigen Verwaltungsaufgaben die regelmäßige Arbeitszeit von 40 Wochenstunden nicht überschreitet. Diese Anforderungen erfüllt ein Lehrer nicht mehr vollständig, wenn er aufgrund einer dauerhaften Erkrankung nur noch eine reduzierte Anzahl von wöchentlichen Unterrichtstunden erteilen kann. Er ist sodann nur noch begrenzt und nicht mehr uneingeschränkt dienstfähig.

Donnerstag, 11. November 2010

unbeaufsichtigtes Kind - haftet der Vater wegen Nichtehelichkeit?

Eine interessante Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes betrifft einen tragischen Fall.

Letztlich wird dem Vater geholfen - zu Recht?

Wenn Gerichte falsch belehren

Wenn Gerichte falsch belehren über mögliche Rechtsmittel und deren Fristen, geniesst der Rechtsmittelsführer Vertrauen auf die - falschen - Fristen für Rechtsmittel. So hat das LAG München entschieden.

Datum: 28.10.2010
Aktenzeichen: 11 Sa 852/10
Rechtsvorschriften: §§ 9 Abs. 5 Satz 4, 66 Abs. 1 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 233 ZPO

1. Bei Zustellung eines arbeitsgerichtlichen Urteils später als fünf Monate nach der Verkündung, aber noch vor Ablauf von sechs Monaten, hat die Rechtsmittelbelehrung anzugeben, dass eine Berufung nur bis zum Ablauf von sechs Monaten ab der Urteilsverkündung eingelegt werden kann.

2. Lautet in einem solchen Fall die Rechtsmittelbelehrung nur dahingehend, dass innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Berufung eingelegt werden kann, genießt der Berufungsführer grundsätzlich Vertrauensschutz hinsichtlich der vom Gericht - unzutreffend - erteilten Rechtsmittelbelehrung (Anschluss an BAG v. 16.12.2004, 2 AZR 611/03 und LAG Nürnberg v. 28.10.2002, 2 SHa 5/02).

3. Die Berufung auf Vertrauensschutz ist jedoch nicht möglich, wenn die Fristberechnung ab dem Verkündungsdatum zunächst zutreffend mit insgesamt sechs Monaten erfolgte und nach Zustellung des mit unzutreffender Rechtsmittelbelehrung versehenen Urteils - ohne weitere Sachprüfung - auf einen Monat nach dem Zustellungszeitpunkt abgeändert wird.

Mittwoch, 10. November 2010

Elternzeitverlängerung und falsche Signale

Eine Mutter kann nach der ursprünglich vorgesehenen Elternzeit noch nicht zurück in den Job, da eine Betreuung des Kindes in KITA aus medizinischen Gründen nicht möglich ist. Deshalb beantragte die Arbeitnehmerin beim Arbeitgeber die Verlängerung der Elternzeit.

Der Arbeitgeber signalisierte der Arbeitnehmerin nun, dass die Zustimmung erfolgen könne, wenn im Gegenzug das Arbeitsverhältnis mit Beendigung der Elternzeit automatisch ende. Der Arbeitgeber wollte doch die Kündigungsfrist - immerhin drei Monate - nebst Vergütungsansprüchen vermeiden. Doch die Arbeitnehmerin war damit nicht einverstanden und klagte auf Feststellung, dass die Elternzeit länger besteht.

In der Zwischenzeit erhielt Sie die Kündigung, da ja nun die ursprüngliche Elternzeit abgelaufen war. Natürlich wurde vorsorglich Kündigungsschutzklage erhoben.

Heute war nun Gütetermin. Zunächst meinte das Arbeitsgericht, dass nach dem Zugang der Kündigung und der Kündigungsschutzklage das Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungsklage entfallen sei wegen der Inzidentprüfung im Kündigungsschutzverfahren. Ich argumentierte dagegen, dass der Feststellungsantrag mehr umfasst als eine Inzidentprüfung, denn immerhin geht es um die Feststellung einer bestimmten zeitlichen Dauer der Elternzeit.

Nach einigem hin und her einigten wir uns dann in einem Vergleich, dass die Elternzeit verlängert wird wie beantragt und 4 Monate später das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt endet. Nun muss der Vergleich nur noch vor der Arbeitnehmerin und dem Arbeitgeber halten.

Dienstag, 9. November 2010

Kürzung des Elterngeldes

Weil eine Mutter einen (!) Tag Mutterschaftsgeld bekam, sollte dem Vater in Elternzeit ein Monat kein Elterngeld zustehen.

Das LSG Hessen sah es anders - zum Glück für den Vater.

Pommes, Frikadellen und eine Kündigung

Der seit 19 Jahren tätige Mitarbeiter einer Anstalt des öffentlichen Rechts, die die Campus-Gastronomie im Bereich der Ruhr-Uni Bochum betreibt, hat Pommes Frites und Frikadellen beim Durchgehen durch die Küche unerlaubtermaßen gegessen. Der Arbeitgeber hat ihm deshalb fristlos gekündigt. Der Arbeitnehmer erhob hiergegen Kündigungsschutzklage.

Das Landesarbeitsgericht Hamm meinte, dass aufgrund der langjährigen Beschäftigung und der bestehenden tarifvertraglichen (ordentlichen) Unkündbarkeit zumindest eine Abmahnung erforderlich war. An dieser fehlte es, weshalb die ausserordentliche Kündigung unwirksam war.

Montag, 8. November 2010

Praktikantenvergütung zurückzahlen?

Eine Firma schloss mit einem Praktikanten einen Vertrag. Nach dem Vertragsinhalt erhält der Praktikant für die Dauer seiner Ausbildung die Möglichkeit Praxiserfahrungen im Unternehmen zu sammeln und eine monatliche Vergütung für seinen Einsatz. Zudem sagt das Unternehmen (bezeichnet sich im Vertrag als Arbeitgeber) zu, dass der Praktikant nach Abschluss der Ausbildung im Unternehmen beschäftigt werde und falls er innerhalb von 3 Jahren kündige, er die Praktikantenvergütung zurückzahlen soll.

Uups, da komm ich doch ins stolpern. Praktikantenvertrag und Vergütungszurückzahlung.

Nun ja, was solls. Der Praktikant hat nach Abschluss der Ausbildung die Stelle gar nicht erst angetreten. Eine entsprechende Verpflichtung fehlte im "Praktikantenvertrag". Nun fordert der "Arbeitgeber" die gewährte Vergütung zurück und erhebt Klage.

Selbstverständlich konnte im Gütetermin keine Einigung erzielt werden. Wir werden sehen, was das Arbeitsgericht dazu meint

Donnerstag, 4. November 2010

(Über-)Gewichtiger Krankentransport

Das war wohl eine Menge Arbeit.

Weil die Sanitäter es nicht schafften, einen übergewichtigen Mann aus der Wohnung zu transportieren (für einen Transport zum Krankenhaus), musste die freiwillige Feuerwehr mit Trage und Drehleiter ran.

Und weil es so schön war, musste das alles nochmal andersherum laufen. Toller Einsatz!

Und dann der Streit um die Kosten.Letztlich musste den Einsatz die Versichertengemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten zahlen.

Urlaub und die Tirol-Entscheidung des EUGH

Tirol ist ein beliebtes Urlaubsziel. Aber eine Entscheidung des EUGH vom 22.04.2010 - bekannt als "Tirol-Urteil" hat ganz andere Auswirkungen auf den Urlaub und Urlaubsansprüche.

Darf nach einem Übergang von einer Vollzeiterwerbstätigkeit in eine Teilzeittätgkeit der bereits erworbene Urlaubsanspruch abgesenkt bzw. angepasst werden? Diese Frage musste der EUGH klären.

Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt bei einer 6-Tageswoche 24 (Arbeits-)Tage, bei 5-Tages-Woche 20 (Arbeits-)tage und bei 4-Tages-Woche 16 Tage usw..

Demzufolge könnte ein Arbeitnehmer bei Wechsel von einer 5 Tages-Woche mit Urlaub von 24 Tagen in eine 2 Tages-Woche mit nur 8 Urlaubstagen bis zu 16 Urlaubstage verlieren.

Das Bundesarbeitsgericht hielt das früher für rechtlich in Ordnung. Der EUGH sieht es anders und sagt, dass der einmal erworbene Urlaubsanspruch nicht verloren geht, sondern vollständig zu gewähren ist.

Lassen Sie sich als Arbeitnehmer nichts vormachen und als Arbeitgeber sollten Sie immer die aktuelle Rechtslage berücksichtigen oder einen Anwalt fragen.

Mittwoch, 3. November 2010

Millionenschadensersatz wegen Rufschädigung

Ein Krankenhaus scheiterte mit seiner Klage auf 1,5 Millionen € Schadensersatz wegen Rufschädigung gegen eine (wohl ehemalige) Arbeitnehmerin und deren Mann.

Durch anonyme Schreiben wurde das - unwahre - Gerücht aufgebracht, dass es zu dutzenden unerklärlichen Todesfällen im Krankenhaus gekommen sei. Aufgrund dieser "Schmutzkampagne" sei es zu Einbußen des Krankenhauses gekommen.

Später stellte sich heraus, dass die Schreiben vom Mann der ehemaligen Herzchirugin stammen. Deshalb verlangte das Krankenhaus Schadensersatz für die Einbußen vor dem Arbeitsgericht.

Das Arbeitsgericht Münster (Az.: 4 Ca 272/10) sah den Nachweis jedoch nicht erbracht, dass die Einbußen auf die "Schmutzkampagne" zurückzuführen seien und wies die Klage mit einem Gegenstandswert (wichtig für die Berechnung der Anwaltskosten)von 1.500.000,00 € ab.

ARGE klagt erfolgreich gegen Arbeitgeber wegen Dumpinglohn

Das LAG Rostock hat entschieden, dass der klagenden ARGE (Träger der Leistungen nach dem SGB II, d.h.u.a. Zahlungen von ALG II) Zahlungsansprüche gegen einen Arbeitgeber zustehen, der Arbeitnehmern Dumpinglöhne auszahlt.

Eine Pizzeria hat ihren Arbeitnehmern Stundenlöhne zwischen 1,76 und 2,67 € bezahlt. Aufgrund des geringen Einkommens bezogen die Arbeitnehmer ergänzende Leistungen von der ARGE, nämlich ALG II als Aufstocker.

Weil die bezahlte Löhne mehr als 30 % unter den ortsüblichen Löhnen lagen, war der Lohn sittenwidrig niedrig. Dies hat zur Folge, dass nun die ARGE die Differenz zwischen den sittenwidrig niedrigen Löhnen und den ortsüblichen Löhnen vom Arbeitgeber abzüglich der Freibeträge von 100,00 € fordern darf.

Die ARGE wollte jedoch sämtliche gezahlten Aufstockungsbeträge vom Arbeitgeber fordern und überlegt nun die Einlegung einer Revision.

Arbeitnehmer müssen hinsichtlich des Freibetrages über 100,00 € selber klagen. Aufgrund der geringen Einnahmen kann hier auch Prozesskostenbeihilfe helfen.

Montag, 1. November 2010

Geltung des Kündigungsschutzgesetzes in mehreren Kleinbetrieben?

Nach § 23 I KSchG gelten die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes nicht in Kleinbetrieben mit bis zu 10 Arbeitnehmern.

Doch was gilt, wenn ein Unternehmen 2 Betriebsstandorte, z.B. in Leipzig (8 Arbeitnehmer) und Hamburg (6 Arbeitnehmer) hat? Diese Frage musste das Bundesarbeitsgericht entscheiden.

Es kommt darauf an, ob die Betriebsstätten organisatorisch hinreichend verselbständigte Einheiten darstellen und somit den Betriebsbegriff erfüllen. Das Bundesarbeitsgericht konnte dies jedoch nicht abschließend entscheiden, da das Landesarbeitsgericht nicht genügend tatsächliche Anhaltspunkte erwähnt hat. Deshalb wurde das Verfahren zurückverwiesen.

Im Fall selbst war ein Arbeitnehmer (Hausmeister) gekündigt wurden, obwohl er nach einer Sozialauswahl unstreitig nicht betroffen wäre. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gaben dem Arbeitnehmer recht mit der Argumantation, dass der Geschäftsführer u.a. nicht in Hamburg mitgearbeitet habe. Auf die Revision des Arbeitgebers musste das Bundesarbeitsgericht das Urteil des Landesarbeitsgerichtes aufheben und die Sache zurückverweisen.

Haben Sie einer Kündigung erhalten oder bereiten eine vor empfehlen wir Ihnen die rechtzeitige Einholung anwaltlichen Rates.